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Muster Widerrufsbelehrung 2011

Seit dem 04.08.2011 gilt in Deutschland ein neues Muster für die Widerrufsbelehrung sowie für die Rückgabebelehrung.

Am 04.08.2011 trat das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge in Kraft. Damit haben sich beide vorhandenen gesetzlichen Muster geändert. Inhaltlich ist die Änderung nichts komplett neues. Es ging hauptsächlich um eine andere sprachliche Regelung. Die Gestaltungshinweise wurden umfangreicher und komplizierter umzusetzen.

Warum das alles?
Anlässlich eines Urteils des EuGH vom 03.09.2009 mussten Änderungen an der Wertersatzpflicht des deutschen Rechts vorgenommen werden. Der EuGH hatte die deutschen Wertersatzvorschriften für teilweise europarechtswidrig eingestuft.

Übergangsvorschriften?
Es besteht eine Übergangsregelung bis zu 04.11.2011. Bis zu diesem Zeitpunkt darf noch die alte Fassung verwendet werden. Allerdings bestehen dann ggf. Nachteile für den Onlinehändler hinsichtlich der Wertersatzregelung. Aus diesem Grund sollte sogleich die aktuelle und gültige Fassung verwendet werden.

Bezugsmöglichkeiten:
Die neuen Muster erhalten Sie z.B. auf der Seite www.gesetze-internet.de, welche nachfolgend verlinkt sind:

Bitte beachten Sie jedoch, dass das Muster nicht 1 zu 1 übernommen werden darf, sondern anhand der Gestaltungshinweise individuell auf das eigene Geschäftsmodell angepasst werden muss. Rechtsanwalt Giel ist Ihnen hier gerne behilflich.

Empfehlung des Rechtsanwalt Giel: Onlinehändler sollten die neuen Muster unverzüglich in ihren Shop einbauen und verwenden.

BGH: Wertminderung bei Wasserbett-Kauf

Der Verbraucher, der im Fernabsatz ein Wasserbett gekauft hat, schuldet im Falle des Widerrufs keinen Ersatz für die Wertminderung, die dadurch eintritt, dass er die Matratze des Betts zu Prüfzwecken mit Wasser befüllt. (Ls des Gerichts)

Begründung:
Nach § 357 Absatz 3 Satz 2 BGB a.F. muss ein Verbraucher für Verschlechterungen, die auf eine solche Prüfung zurückzuführen sind, keinen Wertersatz leisten. Der Verbraucher hatte das Bett komplett aufgebaut, mit Wasser befüllt und 3 Tage lang getestet. Die Verschlechterung sei unstreitig nicht durch die Nutzung entstanden, so das Gericht.
Dem steht nach Ansicht des BGH auch nicht entgegen, dass das Auspacken und Ausprobieren einer Ware auch häufig im Ladengeschäft nicht möglich ist. Denn der Vergleich mit den Prüfungsmöglichkeiten im stationären Handel könne nicht der alleinige Maßstab sein, da dort zumindest typischer Weise Musterstücke ausgestellt seien.
Der BGH hat sich demnach ausschließlich damit befasst, wann eine „Prüfung“ im Sinne des § 357 Absatz 3 Satz 2 BG a.F. vorliegt. Der Begriff umfasse auch die Ingebrauchnahme der Sache, wenn dies zu Prüfzwecken erforderlich ist, selbst dann, wenn dies zu einer Verschlechterung führe.


Urteil vom 03.11.2010 (VIII ZR 337/09)
Vorinstanzen:
LG Berlin, 18.11.2009 - 50 S 56/09
AG Berlin-Wedding, 09.04.2009 - 17 C 683/08

LG Düsseldorf: Keine Verweigerung unfreier Sendungen

Das Landgericht Düsseldorf entschied über die Klausel „Unfreie Rücksendungen werden nicht angenommen.“

Begründung:
Eine solche Klausel sei wettbewerbswidrig. Beim Fernabsatz trägt grundsätzlich der Unternehmer die Rücksendekosten nach erfolgtem Widerruf. Das ist nur ausnahmsweise anders, wenn der Wert der Bestellung 40 EUR nicht überschreitet und auch die „doppelte 40 EUR-Klausel“ verwendet wurde. Im Übrigen ist der Verbraucher nicht verpflichtet, in Vorleistung zu treten und die Rücksendeware zu frankieren.

Urteil vom 23.07.2010 (38 O 19/10)

Empfehlung des Rechtsanwalt Giel: Verwenden Sie auf keinen Fall die Klausel „Unfreie Sendungen werden nicht angenommen. Vereinbaren Sie besser mit einer Spedition, dass diese immer Ihre Retouren bearbeitet und legen Sie allen Sendungen einen Retourenaufkleber bei.

LG Kiel: Zur Bezeichnung als "Verbraucher"

Die Formulierung „Das Widerrufsrecht besteht nur, wenn Sie Verbraucher im Sinne von § 13 BGB sind.“ wird auch bei einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher den Eindruck erwecken, er selbst müsse zunächst einmal prüfen, ob er eigentlich Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist und somit das Widerrufsrecht in Anspruch nehmen könnte. (Auszug aus dem Ls des Gerichts)

Begründung:
Das Gericht kam zu der Auffassung, dass der Unternehmer nach dem gesetzlichen Wortlaut den Verbraucher „bei Fernabsatzverträgen über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberecht zu belehren“ habe.


Urteil vom 09.07.2010 (14 O 22/10)

Anders entschied das

Hanseatische Oberlandesgericht

am 03.06.2010 - 3 U 125/09:
Wird eine Widerrufsbelehrung, welche der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 Absatz 1 und Absatz 3 BGB-InfoVO entspricht, mit den Worten:
Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht“
eingeleitet, führt dies nicht dazu, dass die Belehrung unklar oder intransparent würde. (Orientierungssatz des Gerichts)

Urteil vom 03.06.2010 (3 U 125/09)
Vorinstanz:
LG Hamburg, 22.04.2010 - 315 O 152/09

Empfehlung des Rechtsanwalt Giel: Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung des LG Kiel ein Einzelfall bleibt. Sicherheitshalber sollten Onlinehändler mit der Musterbelehrung an geeigneter Stelle dem Verbraucher die Definition des Verbraucherbegriffs aus § 13 BGB zugänglich machen.

§ 13 BGB lautet: Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

BGH: Hinsendekosten zu erstatten

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die nach erfolgtem Widerruf die Hinsendekosten zum Verbraucher erstattet werden müssen.

Im Fall des Widerrufs eines Fernabsatzvertrages sind die Kosten der Hinsendung der Ware vom Unternehmer zu tragen. (Ls des Gerichts)

Der BGH legte diese Rechtsfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (jetzt: Gerichtshof der Europäischen Union) zur Vorabentscheidung vor. Der Gerichtshof beantwortete die Vorlagefrage mit Urteil vom 15.04.2010 (Rs. C-511/08). Nach Art. 6 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 2 der einschlägigen europäischen Richtlinie darf der Unternehmer dem Verbraucher im Falle des Widerrufs nur die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren auferlegen.

Sollten dem Verbraucher auch die Kosten der Zusendung (Hinsendekosten) in Rechnung gestellt werden, liefe eine solche Belastung der Zielsetzung der Richtlinie zuwider, weil der Verbraucher dadurch von der Ausübung des Widerrufsrechts abgehalten werden könnte.

Begründung:
Der BGH entschied aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs nun, dass § 346 Absatz 1 BGB in Verbindung mit §§ 312d, 355 BGB - richtlinienkonform - dahin auszulegen sind, dass dem Verbraucher nach dem Widerruf eines Fernabsatzvertrages ein Anspruch auf Rückgewähr geleisteter Hinsendekosten zusteht.

Urteil vom 07.07.2010 (VIII ZR 268/07)
Vorinstanzen:
OLG Karlsruhe, 05.09.2007 - 15 U 226/06
LG Karlsruhe, 19.12.2005 - 10 O 794/05


Empfehlung des Rechtsanwalt Giel: Onlinehändler die Rückforderung der Hinsendekosten seitens des Kunden nicht ignorieren, sondern eine entsprechende Auszahlung vornehmen. Nach deutschem Recht muss der Unternehmer bei Bestellungen über 40 EUR die Rücksendekosten tragen, so dass er am Ende sämtliche Versandkosten zu tragen hat. Bis die deutsche Regelung entsprechend geändert wird, gibt es hierzu keine Alternative.