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LG Kiel: Zur Bezeichnung als "Verbraucher"

Die Formulierung „Das Widerrufsrecht besteht nur, wenn Sie Verbraucher im Sinne von § 13 BGB sind.“ wird auch bei einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher den Eindruck erwecken, er selbst müsse zunächst einmal prüfen, ob er eigentlich Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist und somit das Widerrufsrecht in Anspruch nehmen könnte. (Auszug aus dem Ls des Gerichts)

Begründung:
Das Gericht kam zu der Auffassung, dass der Unternehmer nach dem gesetzlichen Wortlaut den Verbraucher „bei Fernabsatzverträgen über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberecht zu belehren“ habe.


Urteil vom 09.07.2010 (14 O 22/10)

Anders entschied das

Hanseatische Oberlandesgericht

am 03.06.2010 - 3 U 125/09:
Wird eine Widerrufsbelehrung, welche der Musterbelehrung nach Anlage 2 zu § 14 Absatz 1 und Absatz 3 BGB-InfoVO entspricht, mit den Worten:
Verbraucher haben das folgende Widerrufsrecht“
eingeleitet, führt dies nicht dazu, dass die Belehrung unklar oder intransparent würde. (Orientierungssatz des Gerichts)

Urteil vom 03.06.2010 (3 U 125/09)
Vorinstanz:
LG Hamburg, 22.04.2010 - 315 O 152/09

Empfehlung des Rechtsanwalt Giel: Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung des LG Kiel ein Einzelfall bleibt. Sicherheitshalber sollten Onlinehändler mit der Musterbelehrung an geeigneter Stelle dem Verbraucher die Definition des Verbraucherbegriffs aus § 13 BGB zugänglich machen.

§ 13 BGB lautet: Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

BGH: Verbraucherbegriff

Der Bundesgerichtshof entschied, dass das rechtsgeschäftliche Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen sei. Anders sei dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist.

Ein Freiberufler hatte sich eine Lampe an seine Dienstadresse schicken lassen. Die Frage war, ob der Freiberufler als Verbraucher oder als Unternehmer bestellte.
Aus der Begründung:

Schließt eine natürliche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, so kommt eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

BGH, Urteil vom 30.09.2009 - Az. VIII ZR 7/09
Vorinstanzen: LG Hamburg, Az. 309 S 96/08; AG Hamburg, Az. 716A C 11/08

Im Ergebnis ist nicht entscheidend, ob sich jemand die Ware an seine Dienstadresse schicken lässt. Der Freiberufler hat als Verbraucher bestellt und somit kam ihm ein Widerrufsrecht zu.